Ein Weg mit Impulsen für 16 Tage
Stefan Osterwald
Vorbemerkung
Neben allem Informieren und auf dem Laufenden bleiben ist es gut, sich nicht ganz von dem einen Thema „Corona“ vereinnahmen zu lassen. Gerade wenn gewohnte Dinge wegbrechen, ist es gut sich Zeiten der Sammlung und inneren Ausrichtung zu gönnen.
So, wie es Exerzitien im Alltag gibt, mit Impulsen und Texten zum Innehalten, sich Ausrichten aufs Wesentliche und auf Gott. Auf dieser Grundlage biete ich Exerzitien in außergewöhnlichen Zeiten an, die unterstützen mit den sich ständig wandelnden Veränderungen des Alltags gut umzugehen. Wie bei Exerzitien im Alltag gibt es Impulse und Vorschläge, die auf die individuellen Zeitressourcen angepasst werden können. Gleichzeitig sind wir innerlich verbunden mit allen, die an diesem Weg teilnehmen. Wer seine Zeit für den Impuls oder das Gebet auf eine der Zeiten von 7-8; 11,30-12,30 oder 19-20 Uhr legen kann weiß sich sogar zeitlich verbunden mit anderen, die gerade auch im Gebet und der Ausrichtung sind.
Die folgenden Texte wurden für einen online-Kurs im März 2020 zusammengestellt und mit einigen Texten ergänzt, die der Verein „Haus der Stille und des Gebets Heidelberg“ zur Verfügung gestellt hat. Die Herausgabe dieser kleinen Broschüre erfolgt auch in Zusammenarbeit mit diesem Verein.
Viele Grüße, alles Gute und Gottes Segen
Stefan Osterwald
Über diese Mailadresse ist auch Kontaktaufnahme bei Fragen und persönlichem (telefonischem) Gesprächsbedarf möglich.
Exerzitien in außergewöhnlichen Zeiten: Impuls 1
Text:
„Nichts zerstört das intuitive Erkennen stärker als Ängste und Sorgen. Wer sich ständig in einem Modus der Befürchtung befindet, der verschließt sich unweigerlich vor den Erfahrungsschätzen seiner Intuition. Denn er misstraut einer Wirklichkeit, die darauf wartet, dass er sich anvertraut. Das ist der werbende Charakter der Weisheit, durch die die wirklich schöpferischen Dinge geschehen. Wer in Sorgen und Ängsten lebt, hat keinen Zugang zu den Weisheitsschätzen seiner Seele, denn ihm fehlt der Mut, Dinge nicht zu verstehen. Darum beschränkt er sich auf das, was er weiß. Die Angst treibt ihn dorthin, wo er sich seiner selbst sicher ist. Dort aber geschieht nichts Kreatives.“
Martin Schleske (Geigenbauer und Schriftsteller) zitiert aus dem Fastenkalender der evangelischen Kirche
Wenn wir im Gebet und der Mediation in die Tiefe gehen begegnen wir dem tragenden Grund unseres Lebens, der uns stärkt in Unsicherheit die Orientierung zu bewahren, für das was jetzt dran ist.
Fragen für die eigene Besinnung:
- Wie stark beschäftigt und besorgt mich die aktuelle Situation?
- Wie kann ich mir Freiräume schaffen, dass ich von den aktuellen Nachrichten nicht vollständig eingenommen werde?
- Wie unterstütze ich meine Intuition, um mich über bekannte Gedankenkreise auch für ungeahnte Ideen und Möglichkeiten zu öffnen?
- Wie kann ich gut für meine Vernetzung sorgen (Telefon, Internet, Post, Briefkasten…?)
- Was stärkt mein Vertrauen?
- Was ist mein persönlicher Weg in die Tiefe, zu Gott?
Möglichkeiten:
- Ich gehe in die Natur und nehme bewusst das Aufbrechen dieses Frühlings wahr – mit allen meinen Sinnen
- Ich gehe bewusst in der Verbundenheit mit meinem Atem und lasse alle Gedanken, die in mir kreisen weiterziehen und hole meine Aufmerksamkeit immer zum jeweiligen Atemzug zurück.
- Ich nehme mir täglich eine Zeit des Gebetes/der Stille. Auch hierbei hole ich abschweifende Gedanken immer wieder zu meinem Atem oder meinem Beten zurück.
- Diese Möglichkeiten kann ich für mich alleine oder mit meiner/meinem Partner*in oder Familie tun.
Impuls 2: Kloster auf Zeit
Ich freue mich, dass Sie/Ihr bei den Exerzitien in außergewöhnlichen Zeiten dabei sind/seid!. Wir sind auch über die räumliche Trennung hinaus so auf einem gemeinsamen Weg verbunden. Manchmal sogar zur gleichen Zeit, wem es möglich ist eines der Zeitfenster (7-8 Uhr, 11,30-12,30 Uhr oder 19-20 Uhr) zu nutzen. So stärken wir die Kraft der Zentrierung, der Bewusstheit, des Vertrauens, der Verbundenheit, der Heilung und dem Wirken des Hl. Geistes in einer Zeit, in der Ängste, Verunsicherung und Orientierungslosigkeit um sich zu greifen drohen.
Es ist mir vertraut, dass von einer Exerzitienwoche von einem Kloster auf Zeit gesprochen wird. Für mich passt dieser Begriff aber auch für die momentane Zeit des von außen auferlegten Verzichtes, wenn wir nicht gegen die Einschränkungen innerlich ankämpfen, sondern uns in sie hineinbegeben und bewusst gestalten.
„Nicht mein Wille geschehe, sondern Deiner“ betet Jesus im Garten Gezemaneh zu Gott.
Ich beobachte heute, was geschieht, wenn ich den Widerstand gegen die von außen auferlegten Grenzen aufgebe. Stattdessen spüre ich immer wieder hin, wie ich innerhalb der Grenzen – dieser Klostermauer – gut für mich sorgen kann und stellvertretend für andere Einkehr lebe. Text:
„Im Kloster
Begrenze deinen Lebensraum
auf das Viereck des Kreuzgangs
Grenzenlos
öffnet sich der Raum deiner Seele.“
Helena Aeschbacher
Besinnungsfragen:
- Auf was muss ich gerade verzichten?
- Kann ich spüren, welche Sehnsucht hinter meinem Wunsch liegt?
- Kommt mir eine Idee, wie ich auf andere Art in dieser Situation gut für mich sorgen kann?
- Was unterstützt meine innere Einkehr und Sammlung?
- Kann ich spüren, dass meine Einkehr über meine Klosterzelle hinauswirkt und in den Moment ein wertvoller Beitrag ist?
Möglichkeiten:
- Falls das Wetter ungünstig ist, oder anderes ein Rausgehen verhindert: Ich gehe auf den Balkon oder vor ein offenes Fenster, das nicht auf eine stark befahrene Straße zeigt auf der Stelle. Falls mir das komisch vorkommt erinnere ich mich an die Bänder in den Fitnessstudios, die zum Training auf dem Band gehen. Wir üben unsere innere Aufmerksamkeit für unseren Körper. Ich mache dies langsam und bewusst, in dem ich jeden Fuß langsam anhebe und auf dem Boden von vorne nach hinten abrolle. Ich spüre die Bewegung und den Kontakt zum Boden in meiner Fußsohle. Nach einer Zeit wandere ich mit der Aufmerksamkeit über die Beine im Körper nach oben und nehme bewusst wahr, wo ich die Bewegung überall wahrnehmen kann.
- Ich stelle mir meine Wohnung als Kloster vor. Wo sind Plätze, die sich eignen mich zu sammeln und nach innen zu gehen.
- Ich nehme mir täglich eine Zeit des Gebetes/der Stille. Auch hierbei hole ich abschweifende Gedanken immer wieder zu meinem Atem oder meinem Beten zurück.
- Ich mache die Arbeiten, die anfallen mit einer besonderen Achtsamkeit, in dem ich versuche trotz des äußerlichen Tuns in einer inneren Sammlung zu bleiben.
„Alles, was wir mit Achtsamkeit und Bewusstheit tun, ist (Gebet) Meditation.“
Martin Rubeau
- Das Gebet der Klöster ist das Stundengebet, die Psalmen. Ich kann am Anfang oder Ende der Gebetszeit einen Psalm beten. Oder ein Taizé-Lied singen. (Texte am Schluss des Impulses) Ein Satz, der mich besonders anspricht, kann mich begleiten. Immer, wenn ich merke, dass ich Unruhig werde, mich verliere oder in negative Gedankenschleifen komme, bete ich innerlich diesen Satz.
- In Klöstern wird nicht nur Gebet, sondern auch Nächstenliebe geübt. So kann ich überlegen, wer in meiner Nachbarschaft es finanziell gerade besonders eng hat und einen Lebensmittelkarton vorbeibringen. (Mit dem obligatorischen Sicherheitsabstand)
Anhang:
Impuls 3: Widerstandskraft
Resilienzforschung heißt das wissenschaftliche Untersuchen, warum die einen Menschen harte Zeiten gut überstehen und andere nicht. Ein Punkt, der da immer wieder auffällt, ist die Fähigkeit die Augen für das Gute und Schöne offen zu behalten und Dankbarkeit erleben und ausdrücken zu können. Ich erinnere mich noch gut an den Anfang meiner Berufstätigkeit. Als junger Mann am Ende der 20er hatte ich mit der Krankenkommunion eine Frau im Altenheim zu besuchen, die das Bett nicht mehr verlassen konnte. Immer empfing sie mich mit einer authentischen Fröhlichkeit trotz aller Einschränkungen. Ich selbst erlebte mich mit all meinen Fragen und unerfüllten Vorstellungen von einem gelingenden Leben öfter klagend und bedürftig. Jedes Mal, wenn ich von ihr ging, frug ich mich, wer hier jetzt eigentlich wen beschenkt hat. Diese Frau hatte sich offensichtlich ihr Glück unabhängig der äußeren Umstände bewahrt und Dankbarkeit entwickelt. Bei Dankbarkeit geht es um mehr als um positives Denken und nicht darum die Augen vor dem Schlechten zu verschließen. Die Frage ist aber, worauf liegt mein Fokus. Wenn ich mich auf das Gute fokussiere, dann bemerke ich schneller, wie Ungutes zum Besseren verändert werden kann.
Text:
Weißes und Schwarzes Papier
Ein Mensch hatte eine seltsame Gewohnheit: Jeden Morgen nahm er ein großes weißes Blatt Papier. Darauf schrieb er im Verlauf des Tages alle schlechten und bösen Nachrichten und Berichte, alles Schlechte und Böse, das er den ganzen Tag sah und hörte. Jeden Abend war das Blatt beinahe schwarz beschrieben. Diese dunklen Blätter jeden Tag machten den Menschen ganz traurig. Er lebte ohne Freude und Fröhlichkeit.
Eines Tages gingen ihm die Blätter aus. Er ging neue kaufen. Im Laden bediente ihn ein Kind. Das sagte zu dem Menschen: „Weiße Blätter haben wir keine mehr. Aber nehmen Sie doch diese schwarzen!“ Der Mensch antwortete: „Wie soll ich auf schwarzes Papier schreiben?“ Das Kind sagte: „Nehmen Sie doch weiße Tinte. Hier haben wir welche!“ Der Mensch kaufte beides.
Zu Hause überlegte der Mensch lange. Am nächsten Tag nahm er ein schwarzes Blatt Papier und die weiße Tinte. Damit begann er die guten und freudigen Nachrichten und Berichte, alles Gute und Schöne, das er den ganzen Tag sah und hörte, aufzuschreiben. Am ersten Tag war es sehr wenig. Aber jeden Tag wurden die Blätter weißer und heller. Bis sie nach Wochen an jedem Abend ganz weiß beschrieben waren. Fast ganz weiß; kleine Flecken blieben, das war nicht zu übersehen. Aber der Mensch war anders geworden.
Besinnungsfragen:
- Was fällt mir heute besonders auf, wenn ich mich auf das Gute und Schöne ausrichte?
- Nehme ich mehr schlechte Nachrichten in mich auf, als ich gut verarbeiten kann?
- Lasse ich mich durch Sorgen und Nöte lähmen?
- Nutze ich die positive Kraft meiner Wut um die Dinge zu ändern, die zu ändern sind?
- Christus sagt: „Das Reich Gottes ist da“. Nehme ich mir immer wieder Zeit mich in das Jetzt zurückzuholen?
Möglichkeiten:
- Eine Übung aus dem Resilienztraining: ich nehme fünf bis zehn Centstücke oder Bohnen in meine linke Hosentasche. Bei jedem schönen Ereignis wechsele ich einen Cent aus der linken in die rechte Hosentasche. Am Abend nehme ich die Cents, die in der rechten Hosentasche gelandet sind und erinnere mich noch mal an das Erfreuliche, welches den Wechsel veranlasste. Dann spüre ich bewusst meine Dankbarkeit.
- Wenn ich mich beim Lamentieren oder Klagen erwische, stoppe ich mich. Ich nehme wahr, was ich anders bräuchte als wie es ist. Ich nehme Kontakt auf mit meinem dahinterliegenden Bedürfnis. In einer Zeit des stillen Gebetes, in der ich auf meinen Atem achte oder ein Gebetswort wiederhole, bekomme ich Abstand. Nach der Gebetszeit horche ich in mich, ob mir Ideen für eine Veränderung der schwierigen Situation geschenkt wurden.
Meister Ekkehard (ein christlicher Mystiker) sagt:
„Gott ist in mir daheim – ich bin in der Fremde.“
Nehmen wir immer mal wieder Zeit uns aus der Entfremdung zu uns selbst zurückzuholen, um zu erfahren, dass im Hier und Jetzt ein Ort der Gottesbegegnung ist.
Impuls 4: Wesentlich sein
Viele Dinge fallen gerade weg, die wir gewohnt waren. Wir sind auf uns selbst zurückgeworfen. Wir erleben uns verändert und sind herausgefordert neue Verhaltensweisen zu entwickeln. Die äußeren Umstände sind zufällig. Auch wenn wir sie oft für gegeben halten, macht uns die Situation gerade bewusst, dass dies eine Täuschung ist. Jede Stunde kann sich alles ändern. Dann sind wir zurückgeworfen auf das, was unser Wesen wirklich ausmacht. Das Wesen ist das, was in allen Umbrüchen bleibt. Das worauf wir bauen können, selbst, wenn wir unseren Körper einst verlassen werden. Manche von uns haben mehr Zeit, als sie gewohnt sind, da weniger Arbeit anfällt; andere sind geforderter als je zuvor, da ihre Arbeit mehr gebraucht wird als sonst, oder sie von Arbeit und Familie gleichzeitig gebraucht werden oder Ängste und Existenzsorgen groß werden. Diese Fakten lassen sich nicht ändern. Wenn wir mit unserem Wesen verbunden sind, können wir besser auf das, was ansteht, reagieren und damit umgehen. Und das verändert auch wieder etwas.
Text:
Mensch werde wesentlich,
denn wann die Zeit vergeht
so fällt der Zufall weg,
das Wesen das besteht.
Angelus Silesius (Autor von Texten mehrerer Lieder im Gotteslob)
Besinnungsfragen:
- Was ist das erlebe ich als das „Zufällige“ und was als „Wesentlich“ in meinem Leben?
- Kann ich spüren, dass ich mehr bin als die/der ich durch meine Biographie geworden bin?
- Erlebe ich in der Meditation/im Gebet Momente, in denen ich mehr bin als ich im Alltag von mir wahrnehme?
- Kenne ich Momente, in denen ich mir selbst wie von außen zuschauen kann?
- Kenne ich Momente, in denen ich frei bin, ganz anders zu handeln und zu reagieren als ich von mir gewohnt bin?
Möglichkeiten:
- Ich nehme mir eine Zeit für eine bewusste Stille. Erprobt ist eine Dauer von 25 Minuten. Die Zeit lässt sich verdoppeln, wenn vor den zweiten 25 Minuten eine Pause des bewussten Gehens (siehe Impuls 2) entweder auf der Stelle oder im Viereck um den Teppich im Zimmer (gleich eines Kreuzganges unseres Home-Klosters) gemacht wird. Ich kann zu Beginn der Stille den Satz laut lesen, oder die Frage stellen „Was ist wesentlich?“. Dann lasse ich alles Denken los und kehre mit der Aufmerksamkeit immer wieder zu meinem Atem oder meinem Gebetswort zurück.
- Ich gehe bewusst meine Schritte wahrnehmend durch die Natur. Wenn ich in Grübeleien abschweife stelle ich mir die Frage (innerlich oder laut): „Was ist wesentlich?“
- Ich nehme die Sorgen und Nöte wahr, die mich belasten, schreibe sie vielleicht auch auf. Dann lasse ich sie bewusst los und setze mich zu einer Gebetszeit, wie oben beschrieben.
Beim 200jährigen Jubiläum der Bahaì war ich als Vertreter der Kirche eingeladen. Es wurde das Leben des Religionsstifters erzählt: Bahulla wurde als Irrlehrer in ein feuchtes Gefängnis im Keller mit etlichen gefangenen Verbrechern eingesperrt. Statt zu verzagen gelang es ihm, die Mitgefangenen in dem dunklen Keller zu einem Wechselgebet anzuregen, das sie über Stunden rezitierten. So schafften sie, diese hoffnungslose Situation zu überstehen.
Auch vom Apostel Paulus wird berichtet, wie er die Zeiten im Gefängnis betend überstand und einmal sogar eine wundersame Befreiung erfuhr. Siehe Apostelgeschichte 16 ab Zeile 23
Anlage: Oben genannter Abschnitt der Apostelgeschichte
23 Sie ließen ihnen viele Schläge geben und sie ins Gefängnis werfen; dem Gefängniswärter gaben sie Befehl, sie in sicherem Gewahrsam zu halten. 24 Auf diesen Befehl hin warf er sie in das innere Gefängnis und schloss ihre Füße in den Block. 25 Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und sangen Loblieder; und die Gefangenen hörten ihnen zu. 26 Plötzlich begann ein gewaltiges Erdbeben, sodass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Mit einem Schlag sprangen die Türen auf und allen fielen die Fesseln ab. 27 Als der Gefängniswärter aufwachte und die Türen des Gefängnisses offen sah, zog er sein Schwert, um sich zu töten; denn er meinte, die Gefangenen seien entflohen. 28 Da rief Paulus laut: Tu dir nichts an! Wir sind alle noch da. 29 Jener rief nach Licht, stürzte hinein und fiel Paulus und Silas zitternd zu Füßen. 30 Er führte sie hinaus und sagte: Ihr Herren, was muss ich tun, um gerettet zu werden? 31 Sie antworteten: Glaube an Jesus, den Herrn, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus. 32 Und sie verkündeten ihm und allen in seinem Haus das Wort des Herrn. 33 Er nahm sie in jener Nachtstunde bei sich auf, wusch ihre Striemen und ließ sich sogleich mit allen seinen Angehörigen taufen. 34 Dann führte er sie in sein Haus hinauf, ließ ihnen den Tisch decken und war mit seinem ganzen Haus voll Freude, weil er zum Glauben an Gott gekommen war. 35 Als es Tag wurde, schickten die obersten Beamten die Amtsdiener und ließen sagen: Lass jene Männer frei! 36 Der Gefängniswärter überbrachte Paulus die Nachricht: Die obersten Beamten haben hergeschickt und befohlen, euch freizulassen. Geht also, zieht in Frieden! 37
Impuls 5: Wirksamkeit
Wir sind gewohnt, dass wir etwas bewirken, wenn wir handeln. Aber zu wirken dadurch, dass man sich sammelt, betet, sich ausrichtet, ist in unserer Gesellschaft oft aus dem Blick geraten. Klöster übernahmen und übernehmen diese Aufgabe. Zuerst kommt das Gebet. Erst daraus entsteht auch ein Tätigwerden nach außen. Beten sensibilisiert dafür, was es in einer Gesellschaft braucht, was notwendig, also Not wendend ist. Und auch für die Menschen, die aus einer Gemeinschaft hinauszufallen drohen.
Wie wirksam Gebet/Meditation ist, wurde sogar mit wissenschaftlichen Methoden untersucht:
«Dazu gab es schon verschiedene Experimente. Vielleicht habt ihr auch schon davon gehört, von einem ganz gross angelegten Experiment, wo man geschaut hat, was für Auswirkungen hat die Friedensmeditation? Da wurde in Nordamerika 1992 unter der Anleitung von Maharishi Mahesh Yogi in vierundzwanzig grossen Städten meditiert. Und da wurde geschaut, was geschieht, wenn Menschen in einer Stadt mit über 10.000 Einwohnern meditieren. Sie haben in jeder Stadt 100, d.h. ein Prozent zusammengerufen, um die transzendentale Meditation zu üben – es waren geübte schon. Die sich verbunden haben mit der Erfahrung des inneren Friedens. Und, sie haben geschaut: hat das Auswirkungen auf die Umwelt? Es war nicht bekannt, dass dies geschieht – und die Ergebnisse waren beeindruckend. Obwohl an dieser Studie nur ein Prozent der Bevölkerung teilnahm, war die Veränderung deutlich messbar in allen 24 Städten. Solange die Meditation anhielt, gingen die Straftaten nachweislich zurück, es gab weniger Einbrüche, weniger Diebstähle, weniger Gewalt und sogar weniger Unfälle. Die Notfallaufnahmen der Krankenhäuser hatten viel weniger zu tun während der Meditationszeit. Und zwar nicht nur in einer Stadt, sondern in allen 24 Städten. Ja, nützt es, wenn wir für Frieden meditieren? JA. JA. Das ist in verschiedenen Experimenten wirklich bewiesen worden. Eine Gruppe internationale Friedensprojekte im mittleren Osten hat ein ähnliches Projekt durchgeführt 1988. Auch bei diesem Versuch bat man Personen, sich mit dem inneren Frieden zu verbinden. Allerdings waren die Bedingungen in diesem Experiment sehr viel schwieriger. Es war Anfang der 80-er Jahre, in den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Libanon und Israel, die gerade da ihren Höhepunkt hatten – und die Leute mussten ins Kriegsgebiet kommen. Also zu diesem Zweck der Friedensmeditation brachte man die Teilnehmer zu ganz bestimmten Zeiten in Kriegsgebiete. Und tatsächlich, das Ergebnis war wieder verblüffend. Während der Meditation, wo sich die Menschen mit dem inneren Frieden verbunden hatten, reduzierte sich der Anzahl der Verbrechen und Terroranschläge, auch die Verkehrsunfälle nahmen ab – und wieder hatten die Krankenhäuser weniger zu tun. Und man hat diesen Versuch ziemlich breit angelegt; hat auch die verschiedenen Tage, wie Feiertage, Werktage berücksichtigt. Hat auch geschaut, dass man an Tagen, wo die Spannung am grössten ist, auch meditiert hat. Und bei jedem Experiment war es klar, die Gewaltakte gingen zurück.
Zuerst glaubte man noch, es braucht 1 Prozent der Bevölkerung, um diese Wirkung hervorzubringen. Mit der Zeit hat man gesehen, dass es die Quadratwurzel von 1 Prozent braucht. Jetzt sind die Rechnungsbegabten gefragt. Ich habe es hier aufgeschrieben: d.h. bei einer Bevölkerung von einer Million Menschen sind das 100 Menschen.
Wenn wir auf unsere gesamte Weltbevölkerung schauen, sind das etwa 8000 Menschen, die es bräuchte, die einfach immer dran sind und an verschiedenen Orten immer wieder ein Netz des Friedens schaffen. Ein Ausdruck dafür, dass das was wir tun, auch wenn es ganz innerlich ist, Auswirkungen hat.“
Aus einem Vortrag von Margrit Wenk
Text:
„Gott, du bist immer größer,
als wir zu erwarten wagen;
Du tust neue, unerhörte Dinge.
Wenn um uns her die Welt einstürzt,
bringst du eine neue Schöpfung hervor.
Mach uns aufmerksam
für deine Wirksamkeit in dieser Zeit,
damit wir nicht stehenbleiben
bei dem, was vorbei ist.
Geh uns voraus,
der du unsere Zukunft bist.
Lass uns neue Wege suchen
und miteinander standhalten
in aller Unsicherheit.
Aber gib uns die Sicherheit,
dass auch heute deine Kraft wirksam ist
und dass du fortwährend die Welt erneuerst
durch Christus, deinen Sohn unseren Bruder.“
F.Cromphout
Besinnungsfragen:
- Kann ich die Kraft der Sammlung meines Betens/Meditierens spüren?
- Wie fühlt es sich an, diese Kraft bewusst anderen Menschen zu Verfügung zu stellen?
- Kann ich mein Beten/Meditieren als gleichwertigen Beitrag in der aktuellen Lage wertschätzen?
Möglichkeiten:
- Ich mache mir heute vor der Gebetszeit bewusst, dass die Wirkung meines Gebetes über mich hinaus reicht.
- Ich richte mich heute beim Meditieren/Beten heute besonders aus. Z.B. (sich für einen der Punkte zu entscheiden macht die Ausrichtung leichter)
- Auf das, was es zur Heilung der Seele braucht
- Auf die Menschen, die jetzt besonders gefordert und damit auch gefährdet sind
- Auf Menschen, die durch die aktuelle Situation in existentielle Notlagen kommen.
- Auf Menschen, die besonders bedroht sind, da sie in überfüllten Flüchtlingslagern leben oder in Ländern mit desolatem Gesundheitssystem
- …
- Ich mache mir vor der Gebetszeit bewusst, wie ich im Gebet mit den anderen betenden Menschen verbunden bin und wie in einem geistigen Netz der Unterstützung viele andere Menschen mit hineinnehme.
- Ich nehme bewusst wahr, dass die ganze Erde von dieser Krankheit betroffen ist, die ganze Menschheit und meditiere/bete für deren Heilung.
Impuls 6: Verbunden
Ein Virus hat die ganze Welt im Griff. Kein Land ist ausgenommen. Keine Grenze hält es auf. Wie nie zuvor wird es deutlich, dass wir als Menschheit verbunden sind. Im Schlechten und auch im Guten. So zeigt sich die Krise als Chance. Forscher aus der ganzen Welt arbeiten zusammen um Mittel zum Schutz vor dem Virus zu finden. Gegeneinander geht nicht mehr.
Wenn eine Raupe zum Schmetterling wird, lösen sich die alten Zellstrukturen auf. Schmetterlingszellen entstehen. Aber sie werden vom inneren System zuerst als Bedrohung eingestuft und bekämpft. Erst, wenn es den neuen Schmetterlingszellen gelingt sich zu verbinden, gewinnen sie die Oberhand und die Wandlung zum Schmetterling gelingt. Ein Vorgang über den ich staune, seit dem ich davon erfahren habe.
Text:
„Auch der Leib besteht nicht nur aus einem Glied, sondern aus vielen Gliedern. 15 Wenn der Fuß sagt: Ich bin keine Hand, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört er doch zum Leib. 16 Und wenn das Ohr sagt: Ich bin kein Auge, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört es doch zum Leib. 17 Wenn der ganze Leib nur Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur Gehör wäre, wo bliebe dann der Geruchssinn? 18 Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach. 19 Wären alle zusammen nur ein Glied, wo bliebe dann der Leib? 20 So aber gibt es viele Glieder und doch nur einen Leib. 21 Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht. Der Kopf wiederum kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht. 22 Im Gegenteil, gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich. 23 Denen, die wir für weniger edel ansehen, erweisen wir umso mehr Ehre und unseren weniger anständigen Gliedern begegnen wir mit umso mehr Anstand, 24 während die anständigen das nicht nötig haben. Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem benachteiligten Glied umso mehr Ehre zukommen ließ, 25 damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen. 26 Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. 27 Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.“
Paulus 1 Korinther 12,14f
Möglichkeiten:
- Am Beginn meiner Gebetszeit rufe ich mir ein Bild von der Erde aus dem Weltall vor Augen. Die Schönheit dieses kleinen Planeten in den unendlichen Weiten des Universums. Ich nehme auch wahr, wie klein und verletzlich er ist. Dann richte ich meine Aufmerksamkeit auf die 7 Milliarden Menschen, deren Heimat dieser Planet ist. Einer davon bin ich. Zusammen sind wir die Menschheit. In der Zeit der Stille lasse ich die Eindrücke nachwirken, die diese Bilder hinterlassen habe. Vielleicht mit der Frage: „Welche Aufgabe habe ich im Menschheitsleib?“ Die Zeit des stillen Gebetes kann ich mit dem Gebet der Vereinten Nationen abschließen.
Gebet der Vereinten Nationen
Unsere Erde
ist nur ein kleines Gestirn im grossen Weltall.
An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen,
dessen Geschöpfe so leben können,
wie es ihr Schöpfer vorgesehen hat:
in Frieden und Liebe miteinander,
mit Verständnis und Toleranz füreinander,
Nahrung und Lebensraum untereinander teilend.
In Gemeinschaft mit allen Rassen,
Hautfarben oder Weltanschauungen.
Gib uns den Mut und die Voraussicht,
schon heute mit diesem Werk zu beginnen,
damit unsere Erde zu einem Planeten der Schönheit,
des Friedens und der Freiheit werde,
und unsere Kinder und Kindeskinder
einst stolz den Namen MENSCH tragen.
Das so genannte ‚Gebet der Nationen‘ wurde 1942 von Stefen Vincent Benet(1898-1943) verfasst. „The United Nations Prayer“ war Teil einer Radioansprache (14. Juni 1942) von US-Präsident D. Roosevelt, in der er auf die kurz zuvor unterzeichnete „Deklaration der Vereinten Nationen“ einging. Als eigentliches Gründungsdatum der UNO gilt der 24.10.1945.
Das Gebet wurde leicht redigiert und ergänzt von Delia Moosbrugger.
- Die Tonglen-Meditation: Einatmend nehme ich in der Vorstellung den Schmerz meiner Mitmenschen (z.B. einer anderen Person, einer Gruppe, der Menschheit) in mein Herz, ausatmend verströme ich Liebe, Heilung, Ruhe. Es ist gut, mit nur ca. 10 Min. Tonglen zu beginnen, wenn man noch nicht vertraut damit ist. Die Tonglen-Meditation stammt aus dem tibetischen Buddhismus und ist eine Übung des Mitgefühls.
Impuls 7: Sich ausrichten
Übergänge sind entscheidend. Im Kleinen, wie im Großen. Einer der häufigsten Übergänge ist von der Nacht in den neuen Tag. Stolpere ich einfach so hinein oder setze ich einen bewussten Beginn verbunden mit einer Ausrichtung? Der Tag liegt ungelebt vor mir. Manche Eckpunkte sind vielleicht bereits gesetzt. Aber mit Leben füllen werde ich ihn Schritt für Schritt. Und selbst einen mir vorgenommenen Schritt könnte ich lassen, wenn ich zur Überzeugung käme, dass er nicht stimmt und dafür einen anderen machen. Und jeden Schritt, den ich mache, kann ich so bewusst wie möglich und entschieden machen.
Text:
In einem Gespräch zwischen Erzbischof Desmond Tutu, Dalai Lama begleitet von Douglas Abrams über die Freude heißt es:
Ich wollte vom Dalai Lama wissen, wie es sich anfühlte, voller Freude aufzuwachen, und er beschrieb uns diese allmorgendliche Erfahrung:
„Ich glaube, wer einen starken religiösen Glauben hat, der wird Gott gleich nach dem Aufwachen für den neuen Tag danken. Und er wird versuchen, Gottes Willen zu erfüllen. Ich als Nichttheist und Buddhist denke gleich beim Aufwachen an Buddhas Lehre, die Bedeutung von Güte und Mitgefühl, und daran, dass man anderen Gutes wünscht oder dass zumindest ihr Leiden gelindert werde. Und ich erinnere mich daran, dass alles miteinander verbunden ist: die Lehre von der wechselseitigen Abhängigkeit. Anschließend fasse ich meinen Vorsatz für den Tag: dass dieser Tag eine Bedeutung haben soll. Und seine Bedeutung ist, dass ich anderen, so gut es geht, diene und helfe. Falls das nicht möglich ist, möchte ich anderen wenigstens nicht schaden. Dann hat der Tag eine Bedeutung.“
Das Buch der Freude
Besinnungsfragen:
- Was wären gute Worte, mit denen ich mich morgens auf Christus und den anstehenden Tag ausrichten kann?
- Was könnte mir helfen, auch den Tag über zentriert zu bleiben und mich immer wieder aus der Zerstreuung in den Moment und das was jetzt dran ist, zurückzuholen?
„Betet ohne Unterlass.“ heißt es bei Paulus; „Arbeite so, dass es Gebet ist und bete so, dass als ob es Arbeit sei.“ Meint ein christlicher Ordensgründer.
- Was ist heute wichtig zu tun um gut für mich zu sorgen, und was ist wichtig zu lassen, weil es aus der Angst oder einem übersteigerten Kontrollbedürfnis kommt?
Möglichkeiten:
- Ich überlege meine Tagesausrichtung und übe sie so, dass ich sie am nächsten Morgen ausprobieren kann.
- Ich übe immer wieder bewusstes Arbeiten (siehe Impuls 2). Ich achte auch bei einer Tätigkeit darauf, dass ich mit mir verbunden bleibe, meine Gefühle, meinen Körper und Impulse wahrnehme und konzentriert bei dem bleibe, was ich gerade jetzt tue.
- Ich baue in den Tag Pausen ein, in denen ich wahrnehme, ob mir das gesammelt bleiben gelingt, oder mich in die Sammlung zurückholen kann.
Die Tagesausrichtung der Kontemplationsschule „via integralis“:
Ausrichtung für den Tag
Eins mit Gott,
dem Urgrund allen Lebens,
diene ich der Menschheit,
der Erde und dem Kosmos.
Mit liebendem Herzen setze ich mich ein
für Gerechtigkeit und Frieden in mir,
in meinen Beziehungen
und in der Welt,
sowie für die Bewahrung der Schöpfung.
Ich richte mich aus
auf die Ergänzung und Partnerschaft
zwischen Frau und Mann
zwischen Religionen und Kulturen
zwischen Technik und Natur.
Ich bin bereit,
in Verantwortung für kommende Generationen
den Weg des Erwachens zu gehen,
die Mühsal des Wachsens anzunehmen
und wahrhaft liebend zu werden.
Göttlicher Urgrund,
lass mich erfahren,
dass Dein ICH BIN
mein ICH BIN ist. (Lassalle-Kontemplations-Schule via integralis
Impuls 8: Geduld
„Die Ewigkeit dauert lang, vor allem gegen Ende.“ Karl Valentin
Der Ausnahmezustand ist zum normalen Alltag geworden. Was anfangs spektakulär und neu war, wird gewohnt. Und dann kommt die Ungeduld: „Wie lange soll das noch gehen?“ Wir wissen es nicht. Wir können uns nur in Geduld üben. Wir wissen, es wird heute so sein und es wird morgen wohl auch noch so sein. Das Wichtige ist, Strukturen gefunden zu haben, die sich bewähren. Und da Änderungen vorzunehmen, wo es noch nicht passt, oder etwas fehlt, das mich trägt. Und mich immer wieder ins Jetzt zurück zu holen, wenn ich in eine Zukunft flüchten will, von der ich nicht weiß, ob und wie sie kommen wird.
Text:
Beim gemeinsamen Mahl gebot er (Jesus) ihnen: Geht nicht weg von Jerusalem, sondern wartet auf die Verheißung des Vaters, die ihr von mir vernommen habt! 5 Denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden. 6 Als sie nun beisammen waren, fragten sie ihn: Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her? 7 Er sagte zu ihnen: Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. 8 Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.
Apostelgeschichte Kapitel 1,4ff
„Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen.
Mein sind die Jahre nicht,
die etwa möchten kommen.
Der Augenblick ist mein
und nehm‘ ich den in acht,
so ist der mein,
der Jahr und Ewigkeit gemacht.“
Andreas Gryphius
Besinnungsfragen:
- Was an hilfreicher Struktur habe ich für mich gefunden?
- Was fällt mir schwer und wie kann ich an diesem Punkt gut für mich sorgen? Z.B. kann ich einen Platz einrichten, an dem ich mich gut sammeln und zum Gebet begeben kann, der auf mich wartet? An dem vielleicht eine Kerze und eine Ikone oder ein Kreuz bereit steht/hängt/liegt.
- Wie unterscheide ich meine inneren Stimmen? Welche kommt aus der Ecke der Sorge und der Angst? Welche enthalten wertvolle Impulse, die mich inspirieren und mir dienen?
Möglichkeiten:
- Ich übe mich in der Unterscheidung der Stimmen. In der nachfolgenden Übung „Geister“ genannt. D.h. ich untersuche die Regungen in mir mit den folgenden Fragen. Vielleicht ist es gut, das was mir durch den Kopf geht auf einem Blatt zu sammeln und loszulassen. Es ist ja auf dem Blatt festgehalten. Zu einer guten Stunde nehme ich das Blatt zu mir und gehe nach der Dringlichkeit mir die Gedanken vor und prüfe sie anhand der folgenden Fragen.
- (aus den Regeln zur Unterscheidung der Geister im Exerzitienbuch des Ignatius von Loyola, zusammengestellt von P. Georg Mühlenbrock SJ)
Im Allgemeinen und in der Regel spricht für die Herkunft vom Geist Gottes:
- 1. Wenn mir für ein Vorhaben gute Motive zur Verfügung stehen.
- 2. Wenn mir auch die nötige Zeit und Kraft dafür gegeben ist.
- 3. Wenn sich etwas gut einfügt in den Rahmen meiner anderen Aufgaben und Verpflichtungen.
- 4. Wenn sich etwas „wie von selbst“ mir nahe legt.
- 5. Wenn ich bei der Erwägung eines Vorhabens ein „gutes Gefühl“ habe, mag das Vorhaben auch noch so schmerzlich und hart für mich sein.
- 6. Wenn die betreffende Sache auch ästhetisch schön und ansprechend ist.
- 7. Wenn ich mir gut vorstellen kann, dass auch Jesus so entscheiden und handeln würde.
- 8. Wenn ich mich bei einem Vorhaben „in guter Gesellschaft“ befinde (vgl. Leben der Heiligen).
- 9. Wenn ein Vorhaben in mir Glauben und Vertrauen hervorruft bzw. herausfordert.
- 10. Wenn es der Liebe dient: Ausdruck der Liebe ist und sie stärkt.
- Im Allgemeinen und in der Regel kommt nicht vom Geist Gottes und ist also nicht Wille des Geistes Gottes:
- 1. Was über meine Kraft geht, was mich permanent überlastet und überfordert.
- 2. Was nur mit äußerster Anstrengung, mit Gewalt und Krampf verwirklicht werden kann, mit viel Hast und Hektik verbunden ist und Ängste auslöst.
- 3. Was maßlos und verstiegen anmutet, Aufsehen erregend und sensationell auf mich und andere wirkt.
- 4. Was ich nur mit dauerndem Widerwillen und Ekel tun kann.
- 5. Was sich ordinär, primitiv und unästhetisch gibt.
- 6. Was kleinlich, haarspalterisch und spinnig wirkt.
- 7. Was keine Erdnähe hat und nicht konkret werden kann (vgl. 1 Joh 4,1 – 4: Das inkarnatorische Prinzip)
- 8. Was lieblos ist und sich für mich und andere destruktiv auswirkt.
- 9. Was nicht zu der Art und Handlungsweise Jesu passt, wie ich Ihn kennen gelernt habe.
- 10. Was mir den Sinn für das Gebet und die Freude daran raubt.
Wer gefallen daran findet und sich ausführlich in die Unterscheidung der Geister einlesen möchte:
Impuls 9: Sicherheit in der Unsicherheit
„Nichts ist beständig außer dem Wandel.“ heißt ein Weisheitsspruch. Es erstaunt mich noch immer sehr, dass auch in unserem Land das Leben von einem Tag auf den anderen so anders werden konnte. Was sicher scheint, scheint eben nur sicher zu sein. Und doch hätten wir so gerne alles unter Kontrolle. Sicherheit können wir jedoch nur in Gott und in unserem Inneren finden, wenn wir religiös ( auf deutsch: zu Gott zurückverbunden) sind. Aus dieser Verbundenheit konnte Jesus so ein ungesichertes Leben führen. Und in seiner Nachfolge viele andere Menschen auch. Und wer weiß, ob diese Krise nur ein Zwischenspiel ist, oder der Anfang einer veränderten Zukunft? Was lässt uns Sicherheit finden und nicht in Angststarre erstarren?
Text:
23 Er stieg in das Boot und seine Jünger folgten ihm nach. 24 Und siehe, es erhob sich auf dem See ein gewaltiger Sturm, sodass das Boot von den Wellen überflutet wurde. Jesus aber schlief. 25 Da traten die Jünger zu ihm und weckten ihn; sie riefen: Herr, rette uns, wir gehen zugrunde! 26 Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, drohte den Winden und dem See und es trat völlige Stille ein. 27 Die Menschen aber staunten und sagten: Was für einer ist dieser, dass ihm sogar die Winde und der See gehorchen?
Matthäus Kapitel 8,23ff
1. Sorgen quälen und werden mir zu groß.
Mutlos frag ich: Was wird Morgen sein?
Doch du liebst mich, du lässt mich nicht los.
Vater, du wirst bei mir sein.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.
Liedtext von Peter Strauch
Besinnungsfragen:
- Wieviel äußere Sicherheit brauche ich?
- Wieviel Sicherheit finde ich in mir?
- Welche Formen des Gebetes helfen mir, mich so mit Gott zurück zu verbinden, dass ich in Gott Sicherheit finde?
Möglichkeiten:
- Wenn in mir Sorgen oder Ängste aufkommen, übe ich besonders auf meinen Atem (ggf. verbunden mit meinem Gebetswort) zu achten und den Gedanken keine Kraft zu geben.
- Ich übe mich weiter in der Unterscheidung der Stimmen wie am Vortag.
- Ich gehe bewusst und achtsam einen Gang durch die Natur und achte ganz bewusst auf das, was ich sehe, höre und spüren kann.
Wanderer, es gibt keinen Weg
Wanderer, deine Spuren
sind der Weg, sonst nichts;
Wanderer, es gibt keinen Weg,
Weg entsteht im Gehen.
Im Gehen entsteht der Weg,
und schaust du zurück,
siehst du den Pfad, den du
nie mehr betreten kannst.
Wanderer, es gibt keinen Weg,
nur eine Kielspur im Meer.
Antonio Machado
Impuls 10: Glück Selig
Auf dem geistigen Weg begegnen wir immer wieder dem Hinweis, dass Seligkeit, Glück nicht von äußeren Faktoren abhängig ist. Was wir erleben ist nicht die Wirklichkeit, sondern unsere Bewertung der Wirklichkeit. Was aber macht Glück und Seligkeit wirklich aus?
Text:
„3 Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. 4 Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. 5 Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben. 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden. 7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. 8 Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen. 9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt.“
Matthäus Kapitel 5
Immer neu fällt mir auf, dass es nicht heißt, dass diese Menschen selig werden, sondern, dass sie es sind. Es braucht der Veränderung der Sichtweise, weg von der Bewertung hin zum Wahrnehmen von dem, was ist und dem Sein aus dem Hier und Jetzt.
Eine chinesische Parabel:
„“Am Rande der Steppe lebte ein Bauer mit seinem halberwachsenen Sohn. Sie hatten nur ein einziges Pferd, mit dem sie den Acker besorgten. Eines Tages im Frühling war es weggelaufen. Der Bauer und der Sohn mussten sich selbst vor den Pflug spannen.
Da kamen alle Nachbarn an, sagten: „ach du armer Mann: so ein Unglück!“ Doch der Bauer sprach: „Ob es ein Unglück ist; wer weiß; morgen bin ich schlauer!“
Einige Zeit später kam das Pferd zurück und brachte noch ein Wildpferd mit. Wieder kamen alle Nachbarn und sagten: „Was für ein Glück!“ Doch der Bauer sprach: „Ob es ein Glück ist, wer weiß, morgen bin ich schlauer!“
Der Sohn wollte nach einiger Zeit das Wildpferd einreiten. Doch es war so wild, dass es ihn abwarf. Er stürzte vom Pferd und brach sich das Bein. Wieder kamen alle Nachbarn und sagten: „Was für ein Unglück!“ Doch der Bauer sprach: „Ob es ein Unglück ist, wer weiß, morgen bin ich schlauer!
Als im Land ein Krieg ausbrach, zog man die Söhne ein. Nur den Sohn vom Bauern nicht, da er ein gebrochenes Bein hatte.“
Glück oder Unglück hängen nicht von dem ab, was geschieht, sondern was man daraus macht.
„Im Leben wird es immer Schwierigkeiten geben. Die Frage ist nicht: Wie kann ich dem entgehen? Sie lautet: Wie kann ich etwas Positives daraus gewinnen“ Bischof Desdemond Tutu in Das Buch der Freude
Besinnungsfragen:
- Wie stark mache ich meinen inneren Frieden von äußeren Umständen abhängig?
- Neige ich dazu mehr zu lamentieren und klagen, statt nach dem Guten auch in schwierigen Situationen zu sehen?
- Was gibt es in der momentanen Situation zu lernen?
Möglichkeiten:
- Ich nehme die Übung mit den Centstücken oder Bohnen aus Impuls 3 noch mal auf.
- Ich nehme mir Zeit für das Gebet der liebenden Aufmerksamkeit:
Ich sammle mich zur Gebetszeit:
In meinen eigenen Worten wende ich mich an Gott in etwa mit dem Inhalt:
Gott, am Ende dieses Tages trete ich noch einmal vor dich.
Du bist der Ursprung, der tragende Grund und das Ziel aller Wirklichkeit. Von Dir kommt mein Leben. Darum ist es gut für mich, vor dir da zu sein und mit Dir noch mal auf diesen Tag zu schauen. Auf das, was mich gefreut hat, was schwierig war und was mir rätselhaft geblieben ist. Ich bitte Dich mich den Tag mit Deinen Augen sehen zu lassen.
Dann lasse ich den Tag an mir vorbeiziehen: Stunde für Stunde oder Ort um Ort oder Begegnung nach Begegnung. Ich achte auf das was es in mir auslöst, auf die Gefühle die nachschwingen. Lasse aber jede Wertung los. Ich versuche mit den Augen Gottes auf die Ereignisse zu schauen: mit Barmherzigkeit, Wohlwollen für alle Beteiligten, Güte und Liebe.
Manches erscheint mir so vielleicht in einem neuen Licht.
Ich spüre, wo etwas unfertig geblieben ist und es morgen vielleicht noch etwas nachzuholen gilt.
Dann lege ich alles in Gottes Hand und erbitte den Segen für die Nacht und für alle Menschen, denen ich an diesem Tag begegnet bin.
Impuls 11: Glück (Fortsetzung)
Text:
«Glücklich ist, wer gut mit sich allein sein kann, ohne sich einsam zu fühlen,
glücklich ist, wem es vertraut ist und wohl tut, nach innen zu gehen,
glücklich ist, wer den Rückzug mit Stille und Betrachtung geniesst,
glücklich ist, wer die Stille als kraftvolles Gebet erfährt,
glücklich ist, wer mit sich selbst und anderen im Frieden ist,
glücklich ist, wer es auf engem Raum mit anderen aushält,
glücklich ist, wer Zeit gut füllen kann und keine Langeweile kennt,
glücklich ist, wer ein Haustier um sich hat,
glücklich ist, wer sich in das Unabänderliche schicken kann,
glücklich ist, wer seinen Tagen zuhause eine gute Struktur gibt,
glücklich ist, wer nicht vor sich selbst davonlaufen und in Ablenkung fliehen muss.»
Margrit Wenk
„Dieser Gott steht für Gemeinschaft und Verbundenheit“ warf Desmond Tutu ein. „Wir sind von ihm erschaffen worden um aufzublühen. Und das tun wir nur in der Gemeinschaft. Wenn wir egozentrisch werden und uns in uns selbst zurückziehen, dann werden wir mit großer Sicherheit eine tiefe, tiefe, tiefe Frustration erleben.“ “Indem wir vom eignen Schmerz und Leid absehen können, werden wir offenbar empfänglicher gegenüber anderen.“
Bischof Desdemond Tutu in: „Das Buch der Freude“
Besinnungsfragen:
- Wie kann ich in größerer körperlicher Distanz größere innere Verbundenheit erleben?
- Kann ich von meinen Sorgen und Nöten Abstand nehmen, indem ich mich innerlich mit Menschen verbinde, die in Not und Armut lebe?
- Kann ich spüren, dass es neben dem, was sich schwer und besorgend anfühlt in meinem Leben gleichzeitig eine andere Dimension gibt, die davon unberührt ist?
Möglichkeiten:
- Ich widme meine Gebetszeit heute besonders Menschen, die in großer Not, extremer Armut oder schwerer Krankheit leben
- Ich nehme den Tag über besonders mein Herz wahr und lasse mich von der Freude, der Schmerz und was mir sonst begegnet bewusst berühren. Dabei bleibe ich in der Verbundenheit mit meiner inneren Tiefe und lasse mich nicht mit hineinziehen. Ich nehme liebend Anteil.
Die LIEBE ist und bleibt eine ganz grosse Kraft. Sie ist auch dann noch da, wenn wir uns nicht umarmen dürfen.
Das JETZT lädt uns ein, nicht nur theoretisch oder philosophisch über Liebe nachzudenken, sondern die LIEBE JETZT konkret zu leben.
Dies indem wir heute einer oder auch mehreren Personen unsere Aufmerksamkeit schenken. Indem wir telefonieren,
einen schönen Brief schreiben, unsere Hilfe anbieten. … JETZT!
Im Sitzen lade ich ein, dass wir uns verbinden mit all denen, die ganz konkret unserer Präsenz bedürfen.
Zugleich bitte ich um Offenheit und ein Gespür für das, was JETZT dran ist.
Christian Frei, Kontemplationslehrer via integralis
„Glück ist Liebe – nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich“
Hermann Hesse
Impuls 12: Sinn
„Tag reiht sich an Tag und wird vergessen“ Zen-Spruch
In Trauerprozessen kommt häufig die Frage: „Warum ist das nur geschehen.“ Eine Frage, die natürlich ist, die in der Regel aber nicht weiterführt, weil sich im verzweifelnden Fragen keine Antwort findet. Weiterführender ist die Frage, „Was kann daraus entstehen?“ So ist es auch mit der momentanen Krise. Lamentieren, dass es so gekommen ist, dass unsere Pläne durchkreuzt wurden, unser Leben anders wird, hilft nicht. Sehr wohl aber die Frage: „Was können wir daraus lernen?“ „Was kann an neuem, an größerem Bewusstsein, an einer besseren, gesünderen und damit auch solidarischeren Welt daraus entstehen?“
Text:
„Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben – aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, wie wir ihm zu geben imstande sind.“
Hermann Hesse
„Vor jedem steht ein Bild
Des, der er werden soll.
Solang er das nicht ist,
ist nicht sein Frieden voll.“
Friedrich Rückert
Besinnungsfragen:
- Was verleiht meinem Leben heute Sinn?
- Wie und Womit kann ich Gott heute dienen?
- Zu was kann die jetzige Krise gut sein – was kann sich an Gutem entwickeln?
- Was ist jetzt Not-wendig?
Möglichkeiten:
- Ich schaue, welche Frage mich am meisten berührt oder formuliere sie so, wie sie am besten gerade zu mir passt. Ich lege mir ein Blatt mit einem Stift bereit. Dann lese ich sie mir vor der Gebetszeit noch mal achtsam durch. Dann kann ich Gott oder den Heiligen Geist bitten, dass er mir Antworten schenkt. Ich lasse die Frage dann bewusst los und gehe mit der Achtsamkeit zu meiner Atmung (alles absichtliche Denken loslassend und an keinem Gedanken anhaftend) oder zu meinem Gebetswort, das ich mit dem Atem wiederhole. Am Ende der Gebetszeit nehme ich mir noch Zeit und schreibe alle Impulse und Gedanken auf, die nun nach der Sammlung auftauchen.
Niemand sucht sich das Land seiner Geburt aus,
und liebt doch das Land, wo man geboren wurde.
Man sucht sich die Zeit nicht aus, in der man die Welt betritt,
aber muss Spuren in seiner Zeit hinterlassen.
Seiner Verantwortung kann sich niemand entziehen.
Niemand kann die Augen verschließen, nicht seine Ohren,
stumm werden und sich die Hände abschneiden.
Es ist die Pflicht von allen zu lieben,
ein Leben zu leben,
ein Ziel zu erreichen.
Wir suchen den Zeitpunkt nicht aus, zu dem wir die Welt betreten,
aber gestalten können wir diese Welt,
worin das Samenkorn wächst,
das wir in uns tragen.
Gioconda Belli
Impuls 13: Wachsam sein
In die Sammlung und Zentrierung zu gehen bedeutet nicht reine Innerlichkeit. Es gilt auch wach wahrzunehmen, was in meinem Umfeld, in der Gesellschaft in der Politik und Welt geschieht. Aus der inneren Verbundenheit entspringt das sich einsetzen für eine gute Welt, für Liebe und Gerechtigkeit. Frère Roger prägte den Satz: „Mit einem versöhnten Herzen kämpfen.“ Er versteckte Verfolgte während der Nazi-Besatzung. Verfolgen wir also wachsam das Geschehen in der Welt. Aber mit einem guten Gespür für ein gutes Maß und verbunden mit unserem Herzen und mit Gott.
Text:
„Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben –
das Leben allen Lebens.
In seinem kurzen Ablauf liegt alle Wirklichkeit
Und Wahrheit des Daseins.
Die Wonne des Wachsens – die Größe der Tat –
Die Herrlichkeit der Kraft.
Denn das Gestern ist nichts als ein Traum
Und das Morgen nur eine Vision
Das Heute jedoch – recht gelebt –
Macht jedes Gestern zu einem Traum voller Glück
Und jeden Morgen zu einer Vision voller Hoffnung.
Darum achte gut auf diesen Tag!
Aus dem Sanskrit
Besinnungsfragen:
- Welches Geschehen erreicht mich gerade am meisten?
- Wofür will ich mich einsetzen?
- Mit welchem Menschen/welchen Menschen gilt es solidarisch zu sein?
- Was ist jetzt Not-wendig?
Möglichkeiten:
- Ich prüfe meinen Umgang mit Nachrichten: Was ist für mich eine gute Menge, die ich aufnehmen und verarbeiten kann? Was ist eine gute Zeit? Was sind gute Quellen, die mich gut informieren und mich nicht mit Nebenschauplätzen überfluten?
- Ich halte Verbindung zu einer Aktion – ob es gerade die Tagespresse beschäftigt oder im Verborgenen läuft.
- Ich verbinde mich mit einem visionären Projekt
„Wann ist die wichtigste Zeit?
Der jetzige Moment.
Was ist der wichtigste Mensch?
Der der gerade vor mir steht.
Und was ist die wichtigste Tat?
Immer die Tat der Liebe.“
Meister Ekkehard
„Hört gut zu: Leben und Tod sind von großem Ernst. Schnell gehen alle Dinge dahin. Deshalb sei niemals unachtsam, niemals nachlässig, niemals.“
Nachtruf aus dem Zen
Ernst und Freude sind kein Gegensatz. Aber bleiben wir wach für das, was Heute wichtig ist.
Ich wünsche Ihnen/Dir einen guten Tag mit guten Inspirationen
Stefan Osterwald
Impuls 14: Menschheitsleib
Die Krise als Chance. Es häufen sich die Nachrichten, dass dieser weltweiten Virusinfektion eine weltweite Solidarität folgen müsse. Die Zeiten, in denen jedes Land alleine Antworten finden muss, sind vorbei. Bei Abschottung drohen Verarmung, Unruhen, Kriege, Flüchtlinge… Wenn wir keine Antworten finden, die für die Weltgemeinschaft passen, dann werden wir dennoch weltweit die Auswirkungen erleben. Wie gut, dass das Bewusstsein vorher wächst, dass wir nun als Weltgemeinschaft gefragt sind, mit Schuldenerlass, mit gegenseitiger Unterstützung, so gut es geht. Leben wir es da vor, wo wir es können in der Solidarität in unserem Stadtteil, unserer Stadt, vielleicht zu Partnerschaftsgemeinden… – wie immer wir vernetzt sind.
Text:
Dein Sitzen fördert das Meine.
Deine Bemühung um Heilung fördert mein Heilwerden.
Deine Stille macht es stiller in mir.
Unsere Gemeinschaft als Gefäß, die meine Unruhe zu bergen vermag.
Unsere Gemeinschaft als der Raum, wo sein darf, was ist.
Ohne Absicht werde ich unterstützt.
In unserem gemeinsamen Sitzen entsteht etwas Größeres als du und ich.
Gegenwärtigkeit und Präsenz, Verwirklichung unseres Wesens,.
Nach Sven-Joachim Haack
Da wir es von der weltweiten Vernetzung haben, abschließend Worte von White Eagle (Weißer Adler), Hopi Indianer, Nordamerikanischer Stamm:
Dieser Moment, den die Menschheit gerade erlebt, kann als Pforte oder Loch betrachtet werden.
Die Entscheidung, ins Loch zu fallen oder durch die Pforte zu schreiten, liegt an Euch.
Wenn Ihr das Problem bedauert und rund um die Uhr Nachrichten konsumiert,
mit negativer Energie, dauernd nervös, mit Pessimismus, werdet Ihr in dieses Loch fallen.
Aber wenn Ihr die Gelegenheit ergreift, Euch selbst zu betrachten, Leben und Tod zu überdenken, für Euch und andere Sorge tragt, dann werdet Ihr durch das Portal gehen. Sorgt für Euer Zuhause, sorgt für Eure Körper. Verbindet Euch mit Eurer spirituellen Heimat.
Wenn Ihr Euch um Euch selbst kümmert, kümmert Ihr Euch gleichzeitig um alle anderen. Unterschätzt nicht die spirituelle Dimension dieser Krise.
Nehmt die Perspektive eines Adlers ein, der von oben das Ganze sieht- mit erweitertem Blick.
Es liegt eine soziale Forderung in dieser Krise, aber genauso eine spirituelle. Beide gehen Hand in Hand.
Ohne die soziale Dimension fallen wir in Fanatismus. Aber ohne die spirituelle Dimension fallen wir in Pessimismus und Sinnlosigkeit.
Sie (They???) sind vorbereitet, um durch diese Krise zu gehen.
Nimm deinen Werkzeugkasten und verwende alle Werkzeuge, die Dir zu Verfügung stehen.
Lerne Widerstand am Vorbild indianischer und afrikanischer Völker:
Wir wurden und werden noch immer ausgerottet. Aber wir haben nie aufgehört zu singen, zu tanzen, ein Feuer zu zünden und Freude zu haben.
Fühle Dich nicht schuldig, Glück zu empfinden während dieser schwierigen Zeiten. Es hilft überhaupt nicht, traurig und energielos zu sein.
Es hilft, wenn jetzt gute Dinge aus dem Universum kommen.
IT IS THROUGH JOY THAT ONE RESISTS!
Durch Freude leistet man Widerstand!
Auch wenn der Sturm vorübergezogen ist, wird jeder einzelne von Euch sehr wichtig sein, um diese neue Welt wiederaufzubauen.
Ihr müsst stark und positiv sein.
Und dafür gibt es keinen anderen Weg, als eine schöne, freud- und lichtvolle Schwingung zu bewahren.
Das hat nichts mit Entfremdung (Weltfremdheit) zu tun.
Es ist eine Strategie des Widerstands.
Im Schamanismus gibt es einen Ritus des Übergangs, genannt „ die Suche nach Weitsicht“
Sie verbringen ein paar Tage allein im Wald, ohne Wasser, ohne Nahrung, ohne Schutz.
Wenn sie durch die Pforte gehen, bekommen sie eine neue Sicht auf die Welt, weil sie sich ihrer Ängste, ihrer Schwierigkeiten gestellt haben.
Das ist es, was nun von ihnen ( them?)verlangt wird:
Erlaube dir, diese Zeit dafür zu nutzen, deine Rituale zum Suchen deiner Visionen auszuführen. Welche Welt möchtest du für dich erschaffen?
Das ist alles, was du momentan tun kannst: Gelassenheit im Sturm.
Bleib ruhig, bete täglich. Mach es dir zur Gewohnheit, das Heilige jeden Tag zu treffen.
Gute Dinge entstehen daraus. Was jetzt aus dir kommt, ist das allerwichtigste. Und singe, tanze, zeig Widerstand durch Kunst, Freude, Vertrauen und Liebe!
Impuls 15: Sterben und Auferstehen
Diese Woche lässt uns das Fundament unseres Glaubens in verdichteter Form erfahren. Hoffnung schlägt um in Ausweglosigkeit, Leiden und Tod, um unerwartet alle Fesseln in eine ungeahnte Erneuerung zu sprengen und zu übersteigen. Die Römer fürchteten die Christen, weil sie mit der Drohung des Todes nicht einzuschüchtern waren. Von der heutigen chinesischen Regierung las ich, dass sie die Christen aus dem gleichen Grund fürchtet. Sie beziehen ihre Hoffnung nicht aus dieser Welt, sondern von Gott und den kann man nicht kontrollieren.
„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen,“ predigte schon Petrus und lebte es auch vor. Apostelgeschichte 5,29. Dietrich Bonhoeffer schrieb in der Gefängniszelle der Nazis im Angesicht des Todes das Lied, das die meisten von uns zu jedem Jahreswechsel begleitet: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Es ist die Kunst des Christseins, selbst in der Ausweglosigkeit nicht zu verzweifeln. „Nicht mein Wille geschehe, sondern Deiner.“ Betet Jesus in seiner verzweifelndsten Stunde. Nicht, dass ich die momentane Krise gleich mit diesen existentiellen Begebenheiten gleichsetzen möchte. Aber sie ist auch eine Möglichkeit sich in diese Haltung einzuüben. Das Hinnehmen und Gestalten dessen, was ist.
Text:
„Mein Unternehmen ging pleite, ich musste Insolvenz anmelden. Als Schuldnerin fiel ich aus dem gesellschaftlichen System, hatte keine Bankkarte mehr und fühlte mich in vielen Situationen hilflos. Im Supermarkt fragte ich, ob ich ausrangiertes Gemüse bekommen konnte – angeblich für den Hasen.
Ich beschloss dann, mit meiner Situation offen umzugehen, verfasste einen Artikel und schickte ihn an 728 Journalisten, deren Adressen ich recherchiert hatte. Manche veröffentlichten den Beitrag – und ich erhielt mehr als 1000 Dankesbriefe von Menschen, die selbst durch eine Insolvenz gegangen waren und von Menschen, die einen Angehörigen in der Situation durch Suizid verloren hatten.
Heute bin ich schuldenfrei und berate andere Schuldner. Mir geht es besser als vor der Insolvenz. Ich hätte mir das nicht ausgesucht, aber ich fühle mich bereichert.
Vor allem habe ich die Angst vor dem Verlieren verloren. Deshalb schreibe ich auf meine Visitenkarte auch heute noch „Pleitier“. Ein Bankier hat sehr viel Geld, ein Privatier viel Zeit – ein Pleitier aber sehr viel Erfahrung.
Anne Koark, Unternehmerin
Parabel:
„Ein Frosch war in einen Topf mit Rahm gefallen. Leider war der Rand so hoch, dass er es nicht hinausschaffen konnte. „Das war´s“, meinte ein anderer Frosch, der das beobachtete. Doch der Frosch tat mit aller Kraft das, was er konnte um zu überleben: Er ruderte mit seinen Beinen, damit er nicht unterging. Nach einiger Zeit war der Rahm zu Quark und so fest geworden, dass der Frosch sich soweit abstoßen konnte, um den Rand des Gefäßes zu erreichen.“
Besinnungsfragen:
- Was kann ich heute tun, um so gut wie möglich für mich zu sorgen?
- Womit gebe ich dem heutigen Tag, der heutigen Situation eine Perspektive?
- Welcher Schritt eröffnet einen neuen Horizont?
Möglichkeiten:
- Eine Möglichkeit sich tief mit Christus zu verbinden, ist das Herzensgebet, das die Ostkirchen entwickelt haben. Für eine bestimmte Zeit oder mit einem Rosenkranz begebe ich mich in folgendes Gebet: Beim Einatmen spreche ich still in mir „Jesus“ und beim Ausatmen „Christus“. (Bei der Rosenkranzvariante ist ein Ein- und Ausatmen zusammen eine Perle, so dass es hundert Wiederholungen sind.) In diesen Tagen kann mich dieses Gebet besonders spüren lassen, dass ich von Christus begleitet bin, der die tiefsten Tiefen hin zu den höchsten Höhen durchschritten hat.
Die 10 Gebote der Gelassenheit von hl. Papst Johannes XXIII:
„1. Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu erleben – ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
2. Nur für heute werde ich größten Wert auf mein Auftreten legen und vornehm sein in meinem Verhalten: Ich werde niemanden kritisieren; ja ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern… nur mich selbst.
3. Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin … nicht nur für die andere, sondern auch für diese Welt.
4. Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen.
5. Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen. Wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.
6. Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen – und ich werde es niemandem erzählen.
7. Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust habe. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.
8. Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und vor der Unentschlossenheit.
9. Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was schön ist. Und ich werde an die Güte glauben.
10. Nur für heute werde ich fest daran glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten –, dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.
Nimm dir nicht zu viel vor. Es genügt die friedliche, ruhige Suche nach dem Guten an jedem Tag zu jeder Stunde, und ohne Übertreibung und mit Geduld.“
Impuls 16: Weitergehen
Bald endet der gemeinsame Exerzitien-Weg. Es steht ein Übergang und eine Zäsur an. Im Innehalten kann deutlich werden, was sich als tragfähig erwiesen hat. Wertvolle Erfahrungen können noch mal gesammelt und wertgeschätzt werden. Bewährtes kann weitertragen. Gleichzeit kommen nun die großen Feiertage mit ihren eigenen Prägungen. Und nach den Feiertagen geht der Weg weiter, die Krise hält sich nicht an den kirchlichen Jahreskreis und so ist unsere Geduld, unser Durchhaltevermögen und unsere Solidarität weiter gefordert.
„Woran erkenne ich, dass ich noch eine Aufgabe habe? Daran, dass ich noch am Leben bin.“ Auf diesen einfachen Nenner brachte es Johann Sebastian Bach. Da wir mit dem Bild des Klosters den Weg begonnen haben, habe ich zum Abschluss einen Text aus einem Schweizer Kloster.
Text:
„Rund um das Kloster Fahr ist es ruhig und still. Die Klosterpforte sowie der Klosterladen, das Restaurant und der Weinkeller sind geschlossen.
Was wir Benediktinerinnen freiwillig gewählt haben, ein Leben in der Klausur, das leben nun unzählige Menschen auf Anordnung des Bundesrates: sie bleiben zu Hause.
In diesen Tagen entdecken wir Schwestern neu wie kostbar unser rhythmisierter Tag ist, der wohltuende Wechsel von Gebet und Arbeit. Sechsmal täglich versammeln wir uns in der Klosterkirche für gemeinsames Gebet. Es ist ein eigenartiges Gefühl, in der geschlossenen Kirche Gottesdienst zu feiern. Und gleichzeitig gewinnen die Gebete an Tiefe. Wir erfahren wie aktuell die Psalmen sind; sie bringen zur Sprache, was die Menschen heute bewegt.
In unseren Gebeten sind wir Schwestern mit ihnen und allen Menschen in Not, Angst und Einsamkeit verbunden.
Herzliche Frühlingsgrüsse aus dem Fahr“
Priorin Irene und Klostergemeinschaft
Besinnungsfragen:
- Was habe ich in den zwei Wochen an guten Erfahrungen gemacht?
- Welcher Rhythmus, Gebetszeiten, Übungen haben sich bewährt?
- Was ist geeignet auch über die Zeit des Exerzitien-Weges weiter zu führen?
Möglichkeiten:
- Ich nehme mir Zeit für den Rückblick und die obigen Fragen. Ich kann auch die Impulse der einzelnen Tage noch mal durchgehen. Ich kann mir ein Blatt und Stift bereitlegen und die wichtigen Dinge aufnotieren.
- Eine Mail als Rückmeldung zu schreiben.
„Das Reich Gottes ist innwendig ich Euch“ übersetzt Tolstoi Lukas 17,21 Also auch mitten in allem, was wir begrenzt und unvollkommen erleben.
„Halt ein, wo läufst Du hin,
der Himmel ist in Dir,
Suchst Du Gott anderswo,
Du fehlst ihn für und für.“
Dichtet Angelus Silesius
„There is a crack, a crack in everything. That’s how the light gets in.“
(Da ist ein Riss, ein Riss in allem. Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt)
Leonard Cohen
Durch die momentane Krise ist der Riss gerade besonders spürbar. Schauen wir besonders hin, wo wir das Licht hindurchscheinen sehen.
Têtê Malkutach (Dein Reich komme)
„Erschaffe Dein Reich der Einheit jetzt –
Durch unsere feurigen Herzen und willigen Hände
Lass Deinen Rat unser Leben regieren
Und unsere Absicht klären für die gemeinsame Schöpfung.
Vereinige unser „ich kann“ mit dem Deinen,
so dass wir als Königinnen und Könige
alle Kreatur begleiten können.
Ersehene mit und durch uns die Herrschaft universaler
Fruchtbarkeit auf Erden.
Deine Herrschaft entsteht plötzlich,
wenn unsere Arme sich ausbreiten,
um die ganze Schöpfung zu umarmen.
Komm in das Schlafgemach unserer Herzen,
bereite uns vor auf die Hochzeit von Kraft und Schönheit.
Aus dieser göttlichen Vereinigung
Lass uns neue Vorstellungen gebären
Für eine neue Welt des Friedens.
Erschaffe Dein Reich der Einheit jetzt!“
Übersetzt aus dem Aramäischen von Neil Douglas-Klotz
Impuls 17: Das Neue wächst
Die Exerzitien wurden von dem Bild „Kloster auf Zeit“ begleitet. Nun dauert unsere Sondersituation weiter an. Manches lockert oder verändert sich. Manche können ab heute wieder starten und öffnen. Anderes wird mehr und mehr von der Ausnahme zur Normalität. Das wirft Fragen auf:
- Womit kann ich mich gut einrichten und an welcher Stelle wächst in mir die Sehnsucht nach Veränderung?
- Mit wem kann ich Kontakt halten und wer gerät aus dem Blick?
- Wen erreicht Solidarität und wer fällt durchs Netz?
- Wie soll mein Leben und die Gesellschaft nach der Sondersituation aussehen?
- Was kann ich dafür heute schon angehen?
- Welche Vision, welche Bilder für die Zukunft entstehen in mir?
- Wie lange kann ich in dieser Sondersituation noch gut leben?
Es sind Fragen dabei, die uns zu übersteigen scheinen – und dennoch bin ich mir sicher, dass Menschen, die einen geistigen Weg gehen sich nicht nur nach Außen orientieren dürfen, sondern auch nach innen hören, um zu prüfen, was stimmt und was nicht. Dazu sollen diese Fragen auch Anregung sein. Nehmen wir uns Raum und Zeit im Gebet auch diesen Fragen nach zu gehen, getreu dem Motto des Hl. Benedikt: „Bete und Arbeite.“
Text:
14 So spricht der HERR, euer Erlöser, / der Heilige Israels: Um euretwillen habe ich nach Babel gesandt / und lasse alle Flüchtenden untergehen, / die Chaldäer in ihren festlichen Schiffen. 15 Ich bin der HERR, euer Heiliger, / Israels Schöpfer, euer König. 16 So spricht der HERR, der einen Weg durchs Meer bahnt, / einen Pfad durch gewaltige Wasser, 17 der Wagen und Rosse ausziehen lässt, / zusammen mit einem mächtigen Heer; doch sie liegen am Boden und stehen nicht mehr auf, / sie sind erloschen und verglüht wie ein Docht. 18 Denkt nicht mehr an das, was früher war; / auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! 19 Siehe, nun mache ich etwas Neues. / Schon sprießt es, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Wüste / und Flüsse durchs Ödland. 20 Die wilden Tiere werden mich preisen, / die Schakale und Strauße, denn ich lasse in der Wüste Wasser fließen / und Flüsse im Ödland, / um mein Volk, mein erwähltes, zu tränken. 21 Das Volk, das ich mir geformt habe, / wird meinen Ruhm verkünden.
Jesaia 43,14ff
Genötigt zu sprechen, sagt Gott nichts
Unfähig, etwas zu sagen, spricht der Mensch
Der Mensch kennt die Wahrheit nicht, aber er erklärt alles
Gott ist in allen Dingen, aber er erklärt nichts
Gott handelt nicht und erschafft doch alle Dinge
Der Mensch tut alles, aber er erschafft nichts.
Masanobu Fukuoka
Möglichkeiten:
- Ich setze mich zu meiner Gebetszeit. Am Beginn lese ich die Fragen noch mal durch. Dann lege ich sie zur Seite und folge meiner Gebetspraxis. Am Ende der Gebetszeit gehe ich die Fragen noch mal durch und schreibe aus der Wirkung meines Gebets das zu den Fragen dazu, was mir in den Sinn kommt.
- Ich freue mich, wenn wir die Bilder, Gedanken und Suchbewegungen einander mitteilen und uns so gegenseitig inspirieren.
- Auf der Homepage der Stadtkirche kann ich mit anderen teilen, was für eine Bibelstelle mir in dieser außergewöhnlichen Zeit Trost und Hilfe oder Inspiration gibt:
https://www.stadtkirche-heidelberg.de/html/content/mein_bibeltext.html
Meditieren für den Frieden – Impulse –
Jüdische Kultusgemeinde Heidelberg
Psalm 30
1 Ein Psalm. Ein Lied zur Tempelweihe. Von David.
2 Ich will dich erheben, HERR / denn du zogst mich herauf * und ließest nicht zu, dass meine Feinde sich über mich freuen.
3 HERR, mein Gott, ich habe zu dir geschrien * und du heiltest mich.
4 HERR, du hast meine Seele heraufsteigen lassen aus der Totenwelt, * hast mich am Leben erhalten, sodass ich nicht in die Grube hinabstieg.
5 Singt und spielt dem HERRN, ihr seine Frommen, * dankt im Gedenken seiner Heiligkeit! 6 Denn sein Zorn dauert nur einen Augenblick, * doch seine Güte ein Leben lang. Wenn man am Abend auch weint, * am Morgen herrscht wieder Jubel.
7 Im sicheren Glück dachte ich einst: * Ich werde niemals wanken.
8 HERR, in deiner Güte hast du meinen Berg gefestigt. * Du hast dein Angesicht verborgen. Da bin ich erschrocken.
9 Zu dir, HERR, will ich rufen * und zu meinem Herrn um Gnade flehn:
10 Was nützt dir mein Blut, wenn ich zum Grab hinuntersteige? * Kann Staub dich preisen, deine Treue verkünden?
11 Höre, HERR, und sei mir gnädig! * HERR, sei du mein Helfer!
12 Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt, / mein Trauergewand hast du gelöst * und mich umgürtet mit Freude,
13 damit man dir Herrlichkeit singt und nicht verstummt. * HERR, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.
Christliche Kirchen Heidelberg
„Auch der Leib besteht nicht nur aus einem Glied, sondern aus vielen Gliedern. 15 Wenn der Fuß sagt: Ich bin keine Hand, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört er doch zum Leib. 16 Und wenn das Ohr sagt: Ich bin kein Auge, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört es doch zum Leib. 17 Wenn der ganze Leib nur Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur Gehör wäre, wo bliebe dann der Geruchssinn? 18 Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach. 19 Wären alle zusammen nur ein Glied, wo bliebe dann der Leib? 20 So aber gibt es viele Glieder und doch nur einen Leib. 21 Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht. Der Kopf wiederum kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht. 22 Im Gegenteil, gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich. 23 Denen, die wir für weniger edel ansehen, erweisen wir umso mehr Ehre und unseren weniger anständigen Gliedern begegnen wir mit umso mehr Anstand, 24 während die anständigen das nicht nötig haben. Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem benachteiligten Glied umso mehr Ehre zukommen ließ, 25 damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen. 26 Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. 27 Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.“
Paulus 1 Korinther 12,14f
Behalten wir einander im Blick, damit niemand aus der Gemeinschaft verloren geht.
Ein Gebet des Vertrauens:
Psalm 23
1 Ein Psalm Davids. Der HERR ist mein Hirt, * nichts wird mir fehlen.
2 Er lässt mich lagern auf grünen Auen * und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
3 Meine Lebenskraft bringt er zurück. / Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, * getreu seinem Namen.
4 Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, * ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, * dein Stock und dein Stab, sie trösten mich.
5 Du deckst mir den Tisch * vor den Augen meiner Feinde. Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, * übervoll ist mein Becher.
6 Ja, Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang / und heimkehren werde ich ins Haus des HERRN * für lange Zeiten.
Türkisch Islamische Kulturverein Heidelberg e. V. „Ditib“
Bah´í Gemeinde Heidelberg-Leimen
Gebet für die Menschheit:
O Du gütiger Herr! Du hast die ganze Menschheit aus dem gleichen Stamm erschaffen. Du hast bestimmt, dass alle der gleichen Familie angehören. In Deiner heiligen Gegenwart sind alle Deine Diener, die ganze Menschheit findet Schutz in Deinem Heiligtum. Alle sind um Deinen Gabentisch versammelt; alle sind erleuchtet vom Lichte Deiner Vorsehung.
O Gott! Du bist gütig zu allen, Du sorgst für alle, Du beschützest alle, Du verleihst allen Leben. Du hast einen jeden mit Gaben und Fähigkeiten ausgestattet, und alle sind in das Meer Deines Erbarmens getaucht.
O Du gütiger Herr! Vereinige alle. Gib, dass die Religionen in Einklang kommen und vereinige die Völker, auf dass sie einander ansehen wie eine Familie und die ganze Erde wie eine Heimat. O dass sie doch in vollkommener Harmonie zusammenlebten!
O Gott! Erhebe das Banner der Einheit der Menschheit.
O Gott! Errichte den Größten Frieden.
Schmiede Du, o Gott, die Herzen zusammen.
O Du gütiger Vater, Gott! Erfreue unsere Herzen durch den Duft Deiner Liebe. Erhelle unsere Augen durch das Licht Deiner Führung. Erquicke unsere Ohren mit dem Wohlklang Deines Wortes und beschütze uns alle in der Feste Deiner Vorsehung.
Du bist der Mächtige und der Kraftvolle, Du bist der Vergebende und Du bist der, welcher die Mängel der ganzen Menschheit übersieht.
‘Abdu’l-Bahá
Gebet für Heilung:
Im Namen Gottes, des Heilers, des Genügenden, des Helfers! Preis sei Dir, o Gott! O mein Gott, mein Geliebter! Bei Deinem Namen, durch den Dein Erbarmen allem Erschaffenen voranging, und bei der sonnengleichen Schönheit Deines Verborgenen Namens, die vom Horizont Deines Erscheinens herniederstrahlt, Deine Gnade für alle auf Erden und im Himmel zu vollenden, gieße über diesen Kranken aus den Wolken Deiner Barmherzigkeit, was ihn von jeglicher Krankheit, Schwäche und Trübsal läutert, und tauche ihn ein in Deiner Heilung Meer – o Du, in Dessen Griff das Reich des Schicksals und die Macht zum Vollzug liegt.
Wahrlich, Du tust, was Du willst, und wahrlich, Du bist der Vergebende, der Mitleidvolle.
Bahá’u’lláh
„Wohl kenn ich den Quell“ von Johannes vom Kreuz
Wohl kenne ich den Quell, der rinnt und fließet,
wenn es auch Nacht ist.
Verborgen ist dem Blick die ewge Quelle,
doch weiß ich wohl zu finden ihre Stelle,
wenn es auch Nacht ist.
Ich weiß, nicht Ursprung hat sie je genommen,
doch aller Ursprung ist aus ihr gekommen,
wenn es auch Nacht ist.
Ich weiß, dass keine Schönheit ihrer gleiche,
sie tränkt die Erde und die Himmelreiche,
wenn es auch Nacht ist.
Ins Bodenlose, weiß ich, würde gleiten,
wer sie beträte, um sie zu durchschreiten,
wenn es auch Nacht ist.
Niemals hat ihre Klarheit sich verdunkelt,
und alles Licht weiß ich aus ihr entfunkelt,
wenn es auch Nacht ist.
Gewaltig weiß ich ihre Ströme eilen
durch Höllen, Himmel und wo Menschen weilen,
wenn es auch Nacht ist.
Den Wassern, die aus dieser Quelle steigen,
wohl weiß ich ihnen alle Macht zu eigen,
wenn es auch Nacht ist.
Den Strom, zu dem zwei Ströme sich verbinden,
weiß ich mit beiden nur zugleich zu finden,
wenn es auch Nacht ist.
Verborgen rinnt der Quell, auf dass wir leben,
in dem lebend’gen Brot, das uns gegeben,
wenn es auch Nacht ist.
Hier ruft er die Geschöpfe, dass sie kommen,
zu stillen sich, von Dunkelheit umschwommen,
weil’s in der Nacht ist.
Ersehnter Quell, dich such‘ ich nicht vergebens,
ich schaue dich in diesem Brot des Lebens,
auch wenn es Nacht ist.
Meditation zu diesem Gedicht:
Johannes vom Kreuz schrieb dieses Gedicht im Kerker zu Toledo, einer Zeit großer Herausforderung, großer äußerer und innerer Not.
Was meint Johannes vom Kreuz mit diesem Quell, der dennoch rinnt und fließet?
Gibt es etwas in meinem Leben, das mich motiviert, Schweres, Dunkelheiten durchzustehen? Oder wenn große äußere Herausforderungen ausbleiben, was lässt mich durch alle Banalität des Alltags hindurch weitergehen? Vielleicht ist es die Sehnsucht nach Ihm, die im Innersten des Wesens ruht und nach Ihm ruft, eine Sehnsucht, die gespeist wird von der Sehnsucht Gottes nach uns. Was könnte mich immer wieder neu hinführen zu dieser Quelle, die in mir fließt, seit Gott Sein Ja zu mir gesprochen hat?
Es gilt, die Sehnsucht wach zu halten, offen zu halten, sich ihr auszusetzen, weil sie das Kostbarste in mir ist, das, was mein Leben lebenswert macht.
Lauschen auf das Geheimnis, das sich in meinem tiefsten Inneren verbirgt, das keinem Menschen, nicht einmal mir selbst offenliegt, aber das ich erahne und das mich so beglückt, dass es meine Ewigkeit ausfüllen wird. Dafür möchte ich alles in meinem Leben tun. Ich möchte es hüten, beschützen.
Ich bin angewiesen auf Menschen, die diese Sehnsucht in mir wieder wach werden lassen, vielleicht dadurch, dass ich die Sehnsucht, die tief in ihnen ruht, verspüre. Sie ruht in uns wie ein kostbarer, verborgener Schatz.
Ich weiß nicht, wie man es benennen könnte. Ist es der Ruf Gottes, der mich hält? Ist es sein Siegel, das er mir eingeprägt hat, seine Berührung, die mich verwundet hat?
Wie kann ich diesem Geheimnis in mir Raum geben?
Die Tradition des Karmel spricht von „vacare Deo“ Raum schaffen für Gott.
Johannes vom Kreuz ruft in der „Dunklen Nacht“ aus:“
..nichts andres führte mich,
als nur mein Licht im Herzen innerlich.
Dies hat mich hingeleitet,
viel sichrer als das volle Licht am Tage,
wo Er sich mir bereitet,
zu dem ich Liebe trage…“(N, 3.u.4.Str.)
Wenn ich meiner tiefsten Sehnsucht folge, werde ich frei, weil ich einem Du begegne, das mich ganz und gar bejaht und liebt, so wie ich bin.
Von dieser Quelle gespeist, wird mein Blick rein und lauter. Es erfüllt sich die Verheißung des Herrn: „Aus seinem Inneren werden Ströme lebendigen Wassers fließen“(Joh 7,37-38)“.
Mein Blick wird klar, und ich entdecke in unserer Nacht viele Zeichen der Hoffnung: Ich darf Wachstum erkennen überall dort, wo Zeichen der Vergebung geschehen, Zeichen, die dem anderen das Leben ermöglichen.
Sr. Teresa Benedicta ,Föderation der deutschen Karmelitinnen OCD
Quelle: https://www.karmel-hannover.de/2014/12/14/meditation-zu-dem-gedicht-wohl-kenn-ich-den-quell-von-johannes-vom-kreuz/